Die Kirchenrenovierung



Überblick


Im Mai 2005 begann der Gemeindevorstand der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder in Prag-Žižkov mit der III. Etappe der Generalrenovierung der Betlehemskapelle. Diese umfaßte vor allem folgende Arbeiten:

    die Reparatur der westlichen und nördlichen Seite des Gebäudemantels

    die Reparatur und Erneuerung der Fenster auf der Westseite

    die Patinierung des Außenputzes an Ost-, West- und Nordfassade

    die Renovierung des Innenraums: Behebung der Schäden am Fabion, Reinigung der Wandbemalung, Ergänzung der durch Wasserschäden zerstörten Wanddekoration




Westseite


An der Westseite der Kirche war der Putz auf der gesamten Fläche bereits in so schlechtem Zustand, daß er vollständig erneuert werden mußte. An zahlreichen Stellen im Mauerwerk zeigten sich Risse, die von losem Mörtel befreit, versiegelt und mit Rabitz-Geflecht befestigt werden mußten.

Nach der fachgerechten Verputzung wurde der Stuckkern noch mit einer feinen Oberfläche aus Kalkstuck überzogen.

Bereits bei den Renovierungsarbeiten im vergangenen Jahr und waren Mängel in der Stütz- mauer am Kellereingang festgestellt worden. Infolge einer erheblichen Übersalzung des Mauerwerks, begann sich ein Teil der Ziegel aufzulösen, so daß bei der Wiederaufnahme der Arbeiten im Jahr 2005 ein Teil der Wand einstürzte. Um weitere unumkehrbaren Schäden am Kirchengebäude zu verhindern und einer möglichen Beeinträchtigung der Statik vorzubeugen, wurde unverzüglich die Sanierung und anschließen- de Betonierung des Stützsystems eingeleitet. Das neue Mauerwerk folgt dem bisherigen Grundriß, das Material wurde jedoch so gewählt, daß künftig keine Probleme mit dem Kapillarwasser mehr zu erwarten sind.

Der bisherige Holzaufbau über dem Kellereingang war durch Fäulnis so stark beschädigt, daß sich eine Sanierung dieses nicht ursprünglichen Teils der Überdachung als nicht mehr möglich erwies. Außerdem wurde bei der Abtragung des alten Mauerwerks die schon stark abgenutzte Blechüberdachung beschädigt. Sie wurde durch ein neues Dach aus demselben Ma- terial ersetzt. Das ursprüngliche Metallgestell erwies sich als noch funktionsfähig und konnte nach der Reinigung mit Sandstrahl wieder verwendet werden. Die neue Umgrenzung des Kellereingangs bildet nun ein Gitter, das die kubistischen Motive an den Toren zum Kirchengrundstück aufnimmt. Autor des vom staatlichen Denkmalschutzamt genehmigten Entwurf ist Pavel Novák. Die Realisierung übernahm die Firma Jiří Klapač.

Bei der Reparatur des Gebäudemantels wurde auch die gesamte Elektroinstallation unter dem Putz erneuert. Die neue Außenbeleuchtung an der Kirche wurde mit Lichtsensoren ausgestattet.

Die abschließende Patinierung trug der einheitlichen Farbgebung in Übereinstimmung mit der bereits zuvor renovierten Südfassade Rechnung.



Ostseite


An der Ostseite, die bereits im Jahr 2004 neu verputzt worden war, wurde nun nachträglich die dreiphasige Patinierung durchgeführt. Auch hier wurde bei der Farbgebung auf die Übereins- timmung mit der zuvor renovierten Südfassade geachtet.



Innenraum


Eine eingehende Untersuchung des Fabions vom Gerüst aus ergab, daß das Ausmaß der Schäden wesentlich größer war als zunächst angenommen. Das, was von unten wie unbedeutende Risse in der Oberfläche aussah, erwies sich aus der Nähe als tiefe Ritzen in der bereits in Auflösung befindlichen Kalkmasse.

Der Stuckfabion war in der Vergangenheit mehrfach oberflächlich repariert worden. Bei den Arbeiten in den sechziger Jahren unterlief den Bauherren jedoch ein folgenschwerer Fehler. Die bei der Renovierung eingesetzten Gipsbandagen lösten eine chemische Reaktion aus, die nach und nach den gesamten Fabion zersetzten. Dort, wo der Fabion noch gut erhalten schien, etwa über der Orgel, war in Wirklichkeit nur noch die äußere Kruste der Bandage übrig geblie- ben. Darunter hatte der säurehaltige Gips die basische Kalkverbindung des Putzes fast vollständig aufgelöst.

An den Stellen wiederum, wo bei der Renovierung des Jahres 1992 die Bandagen herausgenommen worden waren, lösten sich Teile des Putzes von der Decke und gefährdeten den sicheren Betrieb des Gottesdienstraums. In dem Augenblick, als zu diesen hausgemachten Mängeln noch undichte Stellen im Dach hinzukamen, war die Katastrophe perfekt.

Zunächst mußten die losen Teile des Putzes beseitigt werden. Nach der Fixierung mit fünfpro- zentiger Sokratlösung, wurde eine Armatur mit einem Kern aus Metallgeflecht gebildet, das die Aufgabe hat, den Stuckkern zu festigen und statisch mit der Deckenkonstruktion zu verbinden.

Nachdem die Zwischenräume der Armatur mit dem Stuckkern aus gelöschtem Kalk und scharfem Flußkies ausgefüllt waren, wurde in mehreren Schichten der Kalkmörtel aufgetragen, bis die endgültige Form 5 Millimeter unter der Oberfläche neuen Fabions erreicht wurde. Über den wiederhergestellten Fabion wurde erneut eine Bandage gelegt: eine feine Textilie aus Silon, verbunden mit einem Mörtel aus Kalk und Kies.

Erst nach diesem technisch anspruchsvollen Eingriff, der weit umfangreicher war als ursprüng- lich geplant, konnte mit der Reparatur der durch Mauerrisse beschädigten Wandbemalung begonnen werden.

Gleichzeitig wurden die Lüftungsgitter und die Lüftungsschächte gereinigt, die ein interessan- tes Überbleibsel vergangener Handwerkskunst mit ihrer Liebe zum technischen Detail darstellen



Vergoldung


Schließlich wurde auch die Erneuerung der vergoldeten Inschrift über der Kanzel in Angriff ge- nommen. Durch Sonden wurden verschiedene Farbschichten ermittelt. Die Reinigung der Buchstaben förderte auch die ursprüngliche Vergoldung mit qualitativ hochwer- tigem Bronzeanstrich zu Tage. Außerdem kamen Spuren zutage, die wertvolle Einblicke in die ursprüngliche Gestaltung und nachträgliche Änderung von Buchstabendetails geben.

Für die Entscheidung, die Vergoldung der Inschrift und des darüberliegenden Kelches wiederher- zustellen, sprach aber nicht nur das Ergebnis der Sonde. Ausschlaggebend waren vielmehr eine Reihe allgemeiner Erwägungen: Ganz offenkundig war die Vergoldung Teil der ursprünglichen Kon- zeption des Architekten Emil Králíček. Hingegen ließ die Neugestaltung des ebenso strittigen wie durch die kommunistische Propaganda häufig mißbrauchten Textes bei einer der späteren Reno- vierungen - nämlich ihre weiße Übermalung, einige ästhetische Probleme ungelöst. Sie bringt nicht nur die Gesamtkomposition des Tympanons an der Stirnseite der Kapelle aus dem Gleichge- wicht, sondern erzeugt auch eine gewisse Zweideutigkeit, die kaum als eine befriedigende Lösung des Problems der historischen Bedingtheit der Aufschrift angesehen werden kann. Bedenken, die Losung könne mißverstanden werden, sind dagegen nicht letztlich überzeugend. Jedem, der diese Worte in einer Kirche, also in einem Gotteshaus liest, dürfte klar sein, daß sie vor allem reli- giöse Bedeutung haben: Nicht irgendeine Wahrheit also, sondern allein die Wahrheit Gottes siegt.

Für die Erneuerung der Vergoldung im Innenraum der Kirche wurde nicht Blattgold, sondern "Metal", eine Buntmetallegierung gewählt. Das Verfahren sah folgendermaßen aus: Zunächst wurde die Ober- fläche der Buchstaben abgeschliffen und durch mehrmaliges Auftragen von rotem Schellack versie- gelt. Anschließend wurden die Buchstaben mit Mixtion bestrichen, einem Firnis, der für diesen Zweck besonders günstige Materialeigenschaften aufweist. Ebensogut ließe sich etwa Leinöl ver- wenden. Der Vorteil des Mixtion besteht jedoch darin, daß der Anstrich sehr gleichmäßig und in exakt vorherbestimmbarer Zeit trocknet. Wenn der geeignete Zeitpunkt gekommen ist, legt der Ver- golder die Goldblätter auf die Fläche, so daß diese auf der noch nicht ganz getrocktneten Schicht des Mixtions haften bleiben. Dies verleiht der Vergoldung nach dem Trocknen eine ausgesprochen gute Haltbarkeit. Danach wird die Vergoldungsschicht mit einem feinen Pinsel poliert und abschlie- ßend noch mit einer Schicht durchsichtigen Schellacks versiegelt.



Dank


Auch die III. Etappe der Renovierungsarbeiten wäre völlig undenkbar gewesen ohne die großzügige finanzielle Hilfe des Magistrats der Stadt Prag und des Stadtbezirks Prag 3. Unseren Mitbürgern und all denen, die unser Vorhaben unterstützt haben, gebührt unser Dank.

Die Arbeiten an der Betlehemskapelle sind noch nicht beendet. Die Renovierung der Toreinfahrt und die Sanierung der Flächen im Eingangsbereich der Kirche werden den Gemeindevorstand, Baufirmen und Handwerker auch im kommenden Jahr noch beschäftigen.

Dennoch haben uns die in diesem Jahr geleisteten Arbeiten unserem Ziel ein wichtiges Stück näher- gebracht und die Voraussetzung dafür geschaffen, daß die Betlehemskapelle wieder ihre kirchliche Funktion erfüllen und zugleich zu einem Zentrum im kulturellen Leben unseres Stadtteils werden kann.